Ich hatte Geburtstag. Da mir mein Geburtstag nicht so wichtig ist, feiere ich diesen, wie es passt. Darum habe ich mich entschieden, diesen im Altenheim bei meiner Omi zu feiern.
Ich weiß nicht, wie ich es in Worte fassen soll, ohne emotional oder dumm dabei zu klingen … Ihr hattet bestimmt auch schon einmal die Situation, dass euch zum Geburtstag fremde Menschen gratulieren. Aus irgendeinem Grund wart ihr unterwegs, und fremde Menschen gratulierten euch. Eine Höflichkeitsfloskel, würde ich sagen, denn eine Emotion steckte nicht dahinter.
Im Altenheim war es anders. Meine Mutter erzählte, dass ich Geburtstag habe, und die alten Frauen bemühten sich, mich mit ihren Rollatoren zu erreichen, um mir offen und ehrlich ins Gesicht zu blicken und mit ihren meist gekrümmten Händen zu gratulieren. Dies war auch für viele ein Anlass, um sich neben mich zu setzten. Die Runde wurde immer größer, und zum Schluss saßen wir mit 12 Personen zusammen und ca. 900 Jahren Lebenserfahrung.
Alle kamen ins Erzählen, von IHRER Zeit, in der sie so jung waren wie ich. Manche waren nur „nüchtern“ dabei, andere hatten das Leuchten in den Augen und die Dankbarkeit um diese schöne Zeit. Das gemeinsame Leben mit ihren Männern, das Ausgehen mit Hut und Mantel und das Schwofen in der Dorfschänke brachten die Frauen zum Leuchten.
Was mit aufgefallen ist, und was ich mitnehme aus diesem wirklich wunderbaren Nachmittag: Es zählt kein tolles Haus, kein üppiger Garten, kein Beruf, keine materiellen Dinge … nur Begegnungen.
Begegnungen mit Menschen, Erinnerungen an kleine und große Ereignisse. Menschen, die Freud, Leid und Schabernack miteinander geteilt haben. Das Kurzzeitgedächtnis bei alten Menschen funktioniert nicht mehr, nur noch das Langzeitgedächtnis. Das ist es aber, wonach wir streben sollten. Es ist doch auch egal, ob wir uns erinnern, was wir gestern gegessen haben, aber es ist nicht egal, ob wir uns an Edda, Ernst oder Frieda erinnern.